Und eins noch zu dem Medienkram …

Und eins noch zu dem Medienkram …

„Letzte Ausfahrt“ ist die Story des Jahres der Journalismustage. Aus zwei Gründen finde ich das gut, aus einem ein wenig erschreckend.
  1. Die Sache wurde abseits der großen Medienhäuser produziert, ziemlich als Alleingang und ist von Aufwand, Idee und Materialeinsatz her für jeden Schreiber machbar.
  2. Es ist ein anderes Format, eines, das zusätzlich verkauft wird, eines, in dem die Marke und das klassische Produkt Beiwerk und Vermarktung sind. Gekauft wird etwas, das die Leser wirklich haben wollen – und sie zahlen dafür.
  3. Die Idee kennt jeder, der Hunter Thompson kennt. Ok, man soll Journalisten nicht überschätzen. Und das ist auch unwichtig, weil es weniger auf die Idee als auf die Umsetzung ankommt. Die große Erkenntnis des Buches für den Journalisten mit jahrzehntelanger Erfahrung ist allerdings, dass auch im Politzirkus nicht die allwissenden Magier am Werk sind, die Politik, Marketing und Strategieentwicklung als magisches nur ihnen zugängliches Mysterium verkaufen. Das heißt, sie verkaufen es schon so – aber es ist zu 97 % improvisiert und dann eben im Nachhinein mit Bedeutung aufgeladen. – Und andere Journalisten finden diese Erkenntnis noch ehrlich beeindruckend.
    Ich bin beeindruckt. Und ein wenig entsetzt. Und ich warte auf die Undercover-Erkenntnisse oder die Embedded-Journalism-Reportage aus den großen Marketingabteilungen dieses Landes. 
Michael Hafner

Michael Hafner

Technologiehistoriker, Comic-Verleger, Datenanalyst

Sonst noch neu

Christine Lagorio-Chafkin, We are the Nerds

Reddit ist seit dieser Woche börsenotiert. Die Reddit-Story erzählt, wie die Geschichte vieler Onlineplattformen der letzten 20 Jahre, wie Neugierde und Experimentierfreude Extremen und Radikalisierungen in alle Richtungen weichen müssen.

Ben Smith, Traffic

Die BuzzFeed-Story – eine Kulturgeschichte des Verhältnisses von Medien und Internet in den letzten zwanzig Jahren.

AI und Medien: Zurück in die Zukunft der kleinen LLMs

KI-Strategien der dritten und vierten Generation setzen zunehmend auf eigene, reduzierte und kontrollierbare Modelle. Wer auf generative Multi-Purpose-LLMs wie Chat GPT setzt, hat keine besonders ausgereifte KI-Strategie. Gerade in der Medienbranche ist das gut zu beobachten.

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