Aktuell werden in Bausch und Bogen medienpolitische Maßnahmen durchgeboxt. Förderungen hier, Haushaltsabgaben dort, vielleicht ein paar vorbeugende Zensurmaßnahmen wie das Zitierverbot aus Aktien und nebenbei das Ende der Wiener Zeitung.
Im Schatten dieser Maßnahmenpakete wird erneut über Qualität und Förderkriterien diskutiert. „Keine Förderungen für rassistische Hetzer und Antisemiten!“, heißt es zum Beispiel. Dagegen hat natürlich niemand etwas. Aber wer entscheidet über die konkreten Tatbestände? Üblicherweise Gerichte. Also sollte es dann vielleicht lieber „Keine Förderungen für Verurteilte“ heißen?
Das würde zumindest auch sicherstellen, dass die unerwünschten Inhalte nicht ganz so leicht gewechselt werden können. Sonst heißt es nächstes Jahr: „Keine Förderungen für Schlafschafe und Impffreunde“ oder „Wer den großen Austausch verschweigt, bekommt auch nichts aus dem großen Geldtopf!“.
Manche sind bescheiden formal bei Qualitätskriterien – bezahlte JournalistInnen, keine offensichtlichen oder absichtlichen Fehlinformationen, Selbstkontrollgremien und Trennung von Redaktion und Sales sind da etwa schon Qualitätskriterien. Wer erfüllt das denn nicht? Oder wer könnte es denn zumindest proforma nicht erfüllen?
Andere fordern intellektuelle Qualität und schöngeistigen Bildungsanspruch, um Qualität diagnostizieren zu können. Das endet bei Geschmacksfragen und Naserümpfen über Medien, die man nicht liest.
Was soll man dann etwa mit so einem Text machen?
Er stammt aus Wolfgang Fellners Kasperlpost, also einer Zeitung mit Stallgeruch.
Er ist gut und eingängig formuliert, führt für manche sicher auch zu intellektuellen Freuden und enthält keine Schreibfehler. Das bringt Pluspunkte.
Er stammt von einem verhaltensauffälligen Autor, der sich für keinen Unsinn zu schade ist und stets in seinem politischen Sinn agitiert. Das bringt Minuspunkte. Meines Erachtens hilft in solchen Fällen auch Transparenz nichts. PolitikerInnen, Thinktank-BetreiberInnen und andere AgitatorInnen können punktuell Gastkommentare schreiben, aber es ist journalistische Selbstaufgabe von Medien, deren Texte als unkommentierte fixe Institutionen zu installieren. Da hilft auch kein Pro und Contra und kein OpEd. Und ich weiß, dass das billiger und schneller Content ist, den alle dringend brauchen.
Zurück zum Thema.
Im konkreten Fall brauchen wir uns die Fragen von vorhin gar nicht zu stellen. Denn der Text strotzt einfach von Fehlern.
Der Autor möchte gegen Vermägenssteuern argumentieren und führt laute Beispiele an, die nichts damit zu tun haben. Umsatzsteuern besteuern Transaktionen und keine Bestände, sie sind also, aus der Perspektive des Konsumenten, das Gegenteil von Vermögenssteuern. Sie fallen an, wenn etwas gekauft wird. Also meinetwegen ist das eine Konsumstrafsteuer. Mit Vermögen hat das aber nichts zu tun.
Grunderwerbssteuern fallen, wie der Name sagt, beim Erwerb von etwas an. Wer Grunderwerbsteuern zahlt, hat noch gar kein Vermögen – er oder sie schafft sich bestenfalls gerade eines. Ähnlich ist es bei Kapitalertragssteuern: In diesem Fall gibt es zwar Kapitalvermögen, aber es wird nicht besteuert. Nur realisierte Gewinne werden besteuert, das Vermögen bleibt unangetastet.
Der Text agitiert politisch und verzerrt nicht nur Fakten, sondern stellt sich eindeutig falsch dar. Diese Fehler müssten bei starken CvDs alle Alarmglocken läuten lassen.
Diese Fehler betreffen eigentlich auch keine journalistischen Kriterien. Über die Agitation kann man streiten. Die sachlichen Fehler sind eindeutig. Das heißt, dass journalistische Qualität ohne fachliche Qualität kaum möglich ist – und dass es vor allem eine Organisation geben muss, in der solche Fehler von verschiedenen Seiten schnell thematisiert und geklärt werden können.
Es darf keine unantastbaren Texte und AutorInnen geben. Das gilt im Boulevard genauso wie für die Edelfedern im Feuilleton. Und es muss Zeit und Respekt für solche Abläufe geben. Das braucht selbstbewusste CvDs, deren Job sich nicht darin erschöpft, jene abzuwarten, die immer wieder Deadlines großzügig ausschöpfen oder darin, Copyrights zu prüfen. Auf dem Weg dorthin und von dort aus finden sich dann wie von selbst eine Fülle von praktisch anwendbaren Qualitätskriterien für Medien jeder Art und Sorte.