Doskozil macht also den trojanischen Storch für Kern. Beide schwelgen in sozialdemokratischen Erinnerungen, in Erinnerungen an die gute alte Zeit, in der sie beide noch wichtig waren. Bevor der eine Wahl, Würde und Nerven verlor und der andere erst seine Würde wegwarf, um anschließend als linksgesteuerter Rechtsausleger Wahlen zu gewinnen. Ihren vermeintlichen Erfolgen nachhängend vergessen sie dabei, dass diese gar nicht so selten nichts mit ihnen zu tun hatten. So meldeten sich unlängst Gewerkschaftsvertreter zu Wort, um das burgenländische Alleinunterhalter-Duo daran zu erinnern, dass so manche salopp ins Burgenland reklamierte Mobilisierungserfolg viel mehr der Macht der Gewerkschaften zuzurechnen sei.
So sieht Freundschaft aus.
Bei so viel Nostalgie warte ich noch auf die Reprise eines Schlagers aus dem letzten Kern-Repertoire. Hat denn tatsächlich noch niemand „Wertschöpfungsabgabe“ oder „Maschinensteuer“ gesagt? Diese 2017 zur Verzweiflung sämtlicher zurechnungsfähiger SPÖ-Strategen spontan gegebene Zugabe entwickelte sich in Windeseile zum Sargnagel der Kampagne, über den alle lachen (oder sich ärgern) konnten. Konservative, weil ihnen das Maschinenstürmerische nicht gefiel. Wirtschaftsfachleute, weil sie die Praktikabilität dieser Idee in einer vernetzten Weltwirtschaft bezweifelten (ein Einwand, der übrigens bei der ersten Welle der Maschinensteuer-Diskussion vor knapp 100 Jahren ebenfalls schon ins Feld geführt wurde). Und Gewerkschaften waren ebenfalls sauer, weil sie sich das Thema nicht aus der Hand nehmen lassen wollten.
Maschinensteuer und Ziegelarbeiter waren damals sozialdemokratische Folklore-Rituale die vor allem eines demonstrierte: Sozialdemokratische Bosse waren ihrer Tradition mehr verhaftet als den Problemen der Gegenwart. Sozialdemokratische Identität speiste sich stärker aus dem Bezug auf die Vergangenheit als aus Plänen für die Zukunft. Wenn nicht gerade von Maschinensteuer die Rede war, bemühte man so gar das sozialistische Gründungsevent im niederösterreichischen Hainfeld vor 130 Jahren. Hainfeld – ein Ort bei dem vermutlich auch Politisch-Junkies trotz allem eher an Bier denken. Und Sozialdemokratie interessierte sich schlicht nicht für jene Menschen, die sie für sich interessieren wollte.
Kern kann sich gern seine Revanche holen, wenn es das ist, was ihn politisch antreibt. Manche unterstützen oder tolerieren Doskozil bei seinem Bemühen, Kern als dessen trojanischer Storch zurück in die Politik zu schmuggeln, weil er ja der einzige sei, der der FPÖ das Wasser reichen könne. Denen muss man allerdings sagen, dass jeder Versuch politischen Taktieren in den letzten Monaten die FPÖ in Regierungen gehievt hat. Und dann müssen wir alle die Krot fressen. Nicht nur der Storch.