Und jetzt habe ich tatsächlich eine Ausgabe von “JWD – Joko Winterscheidts Druckerzeugnis“ gelesen. Ich weiß, dass das ein Fernsehmoderator ist, er ist hübsch und trägt gute Brillen; ich habe meines Wissens noch nie eine seiner Sendungen gesehen.
Ich wollte wissen, wie man es angeht, wenn man heutzutage ein klassisch kommerzielles Magazin auf den Markt bringen will; Zielgruppe vermutlich Männer, nicht mehr ganz jung, aber doch noch mit Sinn für Abenteuer und Spaß.
JWD erscheint bei der Stern Medien GmbH; die große Nummer in der Redaktion ist David Baum, den die eben nicht mehr ganz Jungen in Wien wohl noch als „City“-Redakteur kennen.
Optisch ist JWD ganz retro-trendy: Klassische Groteskschriften (wohl die Berthold Akzidenz, die ja deutschen Typographen lange als die einzig wahre Schrift galt) und zum Drüberstreuen und für den Magazinlook ein bisschen Tiempos oder Henriette als Titelschrift. Es herrschen Flächen statt Kästen oder Blöcken, und helle Bilder, die direkt von Instagram kommen könnten.
Inhaltlich ist da ein bisschen Abenteuer, das halt recht beliebig bleibt:
- Irgendein Journalist macht irgendeinen Haitauchkurs vor Südafrika.
- Irgendein Journalist redet mit irgendeinem Alien-Lauscher.
- Irgendein Journalist besucht irgendein Bundeswehr-Camp im Irak.
- Irgendeine Journalistin fährt nach New Orleans zur Wrestlemania und war dabei ungefähr so nah am Geschehen wir Abermillionen Fernsehzuschauer.
- Eine Journalistin geht Spargelstechen – aber nicht irgendwo undercover, sondern bei einem gesitteten Mindestlohnbezahler.
- Hubertus von Hohenlohe fotografiert Ferdinand Habsburg, der Autorennfahrer werden möchte, aber halt nicht allzuviel zu erzählen hat.
- Reiner Riedler hat am GTI Treffen fotografiert, was wirklich gut ist, und Lust auf mehr macht (die Fotos sind Teil einer Serie über moderne Volksfeste, also eigentlich Events).
- Ein Journalist begleitet eine unbekannte Band, die sich zu allerhand Festivals auf der ganzen Welt einladen lässt, diesmal nach Ostafrika. Wäre nett, wenn die Story nicht so übertrieben „Abenteuer! Abenteuer! Krass! Mega!“ schreien würde.
Obwohl relativ viel Geld in das Magazin gebuttert wird (es sei denn, das sind nach Angebot und Nachfrage zusammengeklaubte Selbstausbeuter-Geschichten), gehen die Storys nicht immer auf. Aber jetzt war man halt schon dort, also muss man sie auch machen. Sprache ist ja geduldig und verträgt immer noch ein paar Superlative und sogar Blüten wie diese hier über den Alien-Lauscher: „Er folgt in seiner Argumentation strikt den Regeln der Logik. Spekulieren gehört nicht zu seinem Beruf.“ – Ok, irgendwas muss man ja schreiben und Zeilen füllen, auch wenn man nichts zu sagen hat.
Fazit: Ich finds nett. Gut, dass man Magazine macht, Fernsehonkels als Marketingzugpferde einspannt und einfach mal probiert. Abonnieren werde ich es nicht. Aber ich wünsche viel Vergnügen.