Das Magazin als wissenschaftliche Aufsatzsammlung
Eigentlich ist es eher eine schön gestaltete Sammlung von wissenschaftlichen Arbeiten als ein Magazin, in der aktuellen Ausgabe #2 trägt Silber als auch in Bildern versteckte Schmuckfarbe nicht unbedingt zur Lesbarkeit und Verständlichkeit bei und die Typographie wirft auf den ersten Blick eher Fragen auf, anstatt unterstützend in den Hintergrund zu treten.
All das ist Teil eines Gesamtkunstwerks: „Die Schriftart haben wir eigenes für Migrant Journal entwickelt – sie macht Lücken und Brüche, die es zwischen einzelnen Buchstaben immer gibt, besonders deutlich. Das passt zu unserem Überthema der Migration, bei dem es auch immer um Lücken und Brüche geht“, sagt Isabel Seifert, die Migrant Journal als Art Directorin und Mitherausgebern gestaltet.
Migrant Journal ist auf sechs Ausgaben konzipiert; die Finanzierung stammt aus eine Kickstarter-Kampagne, die immerhin über 200 Unterstützer versammelte; einen großen Anschub gab es dann noch mal durch Stack Magazines, die Migrant Journal im Juni 2017 zu ihrem Magazin des Monats erklärten und so die Auflage von 600 auf über 5.000 Stück steigerten.
In der Migrant Journal-Redaktion gibt es keine gelernten (oder erfahrenen) JournalistInnen. Das Team setzt sich aus Wissenschafterinnen zusammen, deren Anliegen weniger die Produktion eines aktuellen, aufregenden (oder was sich immer klassische Qualitätskriterien für Magazine sein mögen) Hefts ist; Ausgangspunkt war vielmehr die Suche nach adäquaten Darstellungsformen für ein derart komplexes Thema wie Migration.
Dementsprechend anders sind auch die redaktionellen Arbeitsabläufe: Hier plant nicht die Redaktion; jeder Ausgabe geht ein offener Call voraus. AutorInnen, ForscherInnen, FotografInnen oder DesignerInnen werden eingeladen, sich mit einem für die Ausgabe konkretisierten Aspekt des Themenkomplexes Migration zu beschäftigen.
Die bisher erschienen Ausgaben sind „Across Country“ und „Wired Capital“, am 9. November erscheint „Flowing Grounds“. Der aktuelle Call für die vierte Ausgabe dreht sich rund um „Darkness and Migration“.
Zu lesen ist die Serie eher wie eine Sammlung von Fachmagazinen die sich eben nicht nur mit einem Thema, sondern in einer Querschnitt-Ansicht mit Migration und dem jeweiligen Schwerpunkt beschäftigen. Dank der großen Bandbreite an Themen wird das ganze mit der Menge verdaulicher: Einzelne Artikel sind oft sehr spezifisch und enthalten mehr, detailliertere und punktuellere Information, als man eigentlich haben wollte, in Summe entsteht dann daraus ein (nicht weniger detailliertes) facettenreiches Bild des Themas. – Man hat das Gefühl, man hat etwas gelernt.
Migrant Journal
- 144 Seiten, fadengeheftet, Softcover mit Klappen
- 24,5 x 18,3 cm
- 20 €
- migrantjournal.com