Roberto Bolano: 2666. – Große Empfehlung

Roberto Bolano

Roberto Bolano: 2666. – Große Empfehlung

Das beste 1000+-Seiten-Buch der letzten 20 Jahre.

Es ist ein Entwicklungsroman über drei nerdige Literaturwissenschaftler, die sich auf ihrer Spurensuche nach einem verschwundenen Erfolgsautor nach Mexiko verirren, eine Sammlung von zweihundert detailliert protokollierten Morden in einer mexikanischen Kleinstadt und eine deutsche Kriegsgeschichte.

Dabei ist es eigentlich ganz egal, was Roberto Bolano erzählt: Die knapp 1200 Seiten von „2666“ erzählen keine fertige Geschichte, sie reißen verschiedene Handlungsstränge an, legen ein paar Spuren, biegen dann wieder ab – und sind aber immer eindrucksvoll präsent „2666“ ist kein Buch, das man liest, um zu erfahren, wie es ausgeht, es ist ein Buch, in dem jede Seite, jede noch so keine Nebenstory packend, fesselnd und selbstverständlich ist. Ein Buch, dem man gar nicht anmerkt, wie dick es ist.

Das große Panorama, das Roberto Bolano entwirft, ist rund. Viele der einzelnen Fäden laufen auf einen gemeinsamen Knotenpunkt zu. Aber das ist ganz egal. Solano erzählt genug, um das Universum seiner Figuren zusammenzuhalten, aber wenig genug, um die Festlegung, die konkrete Auflösung, die so oft einen schalen Nachgeschmack hinterlässt, zu vermeiden.

 

Fazit: Ich bin selten von Büchern wirklich hingerissen, in diesem Fall aber ganz eindeutig und mehr als das. Roberto Bolano schreibt phantasievoller und weniger besserwisserisch als (der aktuelle) Pynchon, verschwendet keine Energie auf aufwendige Beschreibungen oder Anspielungen, sondern erzählt in einem Höllentempo – ohne eine komplette Geschichte erzählen zu können. „2666“ ist eines der Bücher, nach denen es schwer fällt, gleich das nächste Buch zur Hand zu nehmen. Große Empfehlung.

 

Roberto Bolano wurde 1953 in Chile geboren, lebte lang im Mexiko und starb 2003 in Barcelona.

Michael Hafner

Michael Hafner

Technologiehistoriker, Comic-Verleger, Datenanalyst

Zufallsempfehlungen

Mehr Bürokratie!

Über Bürokratie beschwert man sich gerne. Das ist ein Fehler – denn nichts bremst Ideen mehr als die Möglichkeit, sie gleich umsetzen zu können.

Sonst noch neu

Dipo Faloyin, Afrika ist kein Land

Das Buch tritt an, um Halbwissen und Vorurteile zu entkräften, aber auch nach der Lektüre können doch alle ihre eigenen Klischees bestätigt sehen.

Leo Gilbert: Seine Exzellenz, der Android

Technovisionäre und Propheten dunkler Visionen künstlicher Intelligenz, die gerne predigen, welche ungeahnten Entwicklung auf uns zukommen, sollten in diesem über 100 Jahre alten Buch nachlesen.

Das Märchen vom digital innovativen ORF

In den vergangenen Wochen ist besonders gern und häufig das Märchen vom digital früh innovativen ORF zelebriert worden. Wie viele Märchen hat es einen Haken: Es stimmt nicht.

Hoch 1. Mai

Doskozil macht den trojanischen Storch für Kerns Rückkehr in die Politik und wir alle müssen dann die Krot einer FPÖ-Regierung fressen.