Der Wochenblick blattlt den Kanzler beim Pizzaliefern auf, Politiknews malt eine Kurz-Mateschitz-Griss-Partei an die Wand – statt Wahlkampf gibt es jetzt eben harte Bandagen in Politmedien.
Der Trend zur eigenen Meinung, die man nicht nur haben, sondern auch möglichst ungefiltert in Owned Media verbreiten will, ist heute in der Politik gut verankert.
Fast alle Parteien setzen auf selbst aufbereitete Inhalte in unterschiedlicher Form und auf unterschiedlichen Kanälen, allen voran Rot und Blau.
Was bringt das eigentlich?
Owned Media der Parteien schlagen Parteiseiten um Längen
Ich habe die Webseiten der Parteien in Österreich und diverse redaktionelle Ableger in Hinblick auf ein paar einfache Kriterien durch einige Analysetools laufen lassen.
Auf der ersten Blick ist klar: Content zahlt sich aus, wenn man die Reichweite im Blick hat. Falsche oder halbtransparente Behauptungen über die eigenen Medien können aber auch nach hinten losgehen – es sei denn, das eigene Publikum ist schon so abgerichtet, dass es ohnehin schon überall Verschwörungstheorien wittert.
FPÖ: Reichweite mit der eigenen Wahrheit
Am verhaltensauffälligsten ist sicherlich die Kommunikation der FPÖ. Die FPÖ ist offenbar auch so eingenommen von ihrem eigenen Medienimperium, dass sie sich auf Facebook mittlerweile als Nachrichten-/Medienwebseite klassifiziert, nicht als Politische Partei. Die geteilten Links stammen auch fast ausschließlich von den nennen wir’s mal befreundeten Medien unzensuriert.at und wochenblick.at. Wurden früher noch Krone- und ähnliche Artikel verbreitet, so sind diese mittlerweile vollständig verschwunden. Stattdessen werden Unzensuriert und Wochenblick als eigenständige Medien behandelt, die keinerlei Naheverhältnis zur Partei hätten.
Die Satellitenmedien sind wohl auch dringend notwendig, um Reichweite zu erzeugen. Denn die FPÖ-Webseite selbst ist nicht sonderlich gut besucht.
Fpoe.at liegt österreichweit im Trafficrank auf Platz 9.812. User halten sich durchschnittlich eine Minute auf der Webseite auf. Die meisten Zugriffe erfolgen direkt (43%), etwa 30% finden über Suchmaschinen zu Seite, 12 % über Social Media.
Unzensiert.at dagegen liegt auf Platz 566. Zum Vergleich: derstandard.at liegt auf Platz 11, nachrichten.at auf Platz 139 und Billard.at auf Platz 339. User bleiben knapp zwei Minuten auf der Webseite, zu 40 % rufen sie die Seite direkt auf, je ein Viertel kommt über Suchmaschinen und Social Media.
User aus Österreich und Deutschland halten sich in etwa die Waage; zusätzlich gibt es noch die Domain unzensuriert.de.
Aufschlussreich sind auch die eingehenden und ausgehenden Links – hier bewegt sich unzensuriert ganz im Dunstkreis von Hartgeld.com, pi-news.net und dem Kopp-Verlag. Gut die Hälfte der ausgehenden Klicks führt zu YouTube und damit wohl (das ist allerdings nur eine Vermutung) zu FPÖ TV.
Der Wochenblick ist ebenfalls eine in FPÖ-Communities gern geteilte Quelle.
Die relativ neue Seite liegt im Trafficranking auf Platz 1.500. User kommen zu mehr als 50% über Facebook; über Suchmaschinen finden derzeit noch weniger als 10% zum Wochenblick. Bei der Verteilung über Facebook unterstützen FPÖ-Seiten ebenfalls kräftig.
Offiziell gibt es keinerlei finanzielle Verflechtungen zwischen Unzensuriert, Wochenblick und FPÖ.
Technisch betrachtet teilen sich unzensuriert.at und die Webseiten des ehemaligen 3. Nationalratspräsidenten Martin Graf und des aktiven Nationalratsabgeordneten Gerhard Deimek (beide FPÖ) eine IP-Adresse; beide Politiker-Seiten verlinken auch direkt auf Unzensuriert.
Ein Blick in das Firmenbuch zeigt ein recht weit verzweigtes Netz von Beteiligungen an Verlagen und Onlineplattformen, die letztlich in einer Beteiligung GmbH münden.
Beim Wochenblick, der auch auf Papier erscheint, schweigt man grundsätzlich zu Geldquellen. Geschäftsführer Norbert Geroldinger scheint im Firmenbuch noch als Geschäftsführer einer Werbeagentur und einer Künstlervermittlung, die früher ein Sexshop war, auf – wird aber wohl auch nicht reichen, um eine Wochenzeitung zu finanzieren.
SPÖ: Aufholjagd mit unterschiedlichem Geschick
Die SPÖ setzt ebenfalls verstärkt auf eigene Contents, mit wechselndem Geschick.
Die Webseite enthält vergleichsweise mehr Content als andere Parteiseiten und in Österreich auf Platz 2.357.
Fast 60% der Aufrufe kommen über Suchmaschinen – das spricht für gut gemachten Content. 20% rufen die Seite direkt auf, knapp 8% kommen über Social Media.
Unter der gleichen IP-Adresse ist auch noch die Domain laurarudas.at geparkt (die derzeit auf den Wikipedia-Eintrag weiterleitet).
An eigenen Onlinemagazinen wird derzeit nur kontrast-blog.at beworben.
Die Reichweite ist etwa die gleiche wie von spoe.at (3.378 in Österreich), zuletzt allerdings stark steigend. Über 60% der Zugriffe kommen über die Suche.
Kontrast-blog.at wird ausgewiesenermaßen von zehn SPÖ-MitarbeiterInnen und FunktionärInnen betrieben und auch gern innerhalb von SPÖ-Communitys geteilt.
politiknews.at ist seit kurzem online (Platz 12.142) ist und präsentiert sich als unabhängiges von einer Agentur betriebenes Medium. Dagegen spricht jetzt nicht nur, dass politiknews.at-Beiträge sehr SPÖ-lastig sind. Die Domain teilt sich überdies eine IP-Adresse mit zahlreichen weiteren SPÖ-Domains wie iamred.at, jusos.st, werner-faymann.at, jan-krainer.at oder spoe.wien.
Und Robert Neiger, Geschäftsführer der Chapter2 Medien GmbH, die politiknews.at produziert, dürfte in SPÖ-Kreisen kein ganz unbeschriebenes Blatt sein: am 14. März 2017 wurde Geigers Vorgängerfirma, die Magazinwerkstatt Medienproduktion GmbH mit der Chapter2 Medien GmbH verschmolzen. Die Magazinwerkstatt Medienproduktion GmBH produzierte unter anderem die Magazine „Unser Wien – Unsere Stadt“, die online (wienunserestadt.at) und mit Printausgaben für Leopoldstadt und Floridsdorf erschienen. Von 5. Juni 2013 bis 1. Dezember 2015 war Gerhard Kubik an der GmbH beteiligt. Gerhard Kubik war 1999 bis 2013 SPÖ Bezirksvorsteher in der Leopoldstadt (seit 2013 ist er wieder SPÖ Gemeinderat, seit 2017 wieder SPÖ Bezirksvorsitzender in der Leopoldstadt). (Anmerkung: die „Der Zweite“-Ausgaben für die Leopoldstadt wurden offenbar erst 2016, also nach dem Ausscheiden Kubiks als Gesellschafter aus dem Verlag, produziert.)
Über die Herkunft der Zugriffe gibt es in den gängigen Analysetools noch keine aussagekräftigen Daten. In SPÖ-Communitys ist man anscheinend unschlüssig – spätestens seit die Hintergründe der Seite zur Debatte stehen, teilt man offenbar nicht mehr so gerne.
Und die anderen?
ÖVP
Die ÖVP ist in Hinblick auf ihr Medienuniversum offenbar unschlüssig. Zahlreiche kampagnenartige Seite verschwinden gleich wieder oder heben nie ab, ein Klub-TV des Parlamentsklubs auf YouTube ist in den letzten Wochen ebenfalls wieder verstummt, dafür gibt es auf Facebook jetzt den ÖVP Talk.
Das Domainarsenal auf der oevp.at IP-Adresse hat auch eher historischen Wert: Dort liegen z.B. noch alois-mock.at und andreaskhol.at.
Oevp.at erreicht im Alexa-Ranking Platz Platz 21.063 in Österreich, drei Viertel der Zugriffe kommen dabei über Suchmaschinen, unter 1% über Social Media.
Grüne
Gruene.at hat viel Content, auch wenn der auf den ersten Blick nicht gleich sichtbar ist. In Suchmaschinen macht sich das bezahlt, 30% der Zugriffe kommen von Suchmaschinen. In Social Media sind grüne Inhalte nicht so populär: Nur 10% der Zugriffe kommen aus geteilten Links.
Im Trafficranking ergibt das Platz 3.180.
Die meisten unter der gleichen IP-Adresse angelegten Domains linken auf Inhalte von gruene.at oder Subdomains. Online tut sich wenig – dafür sind gerade in Wien die grünen Bezirksorganisationen mit Postwurfsendungen und Mini-Magazinen sehr aktiv.
NEOS
Neos.eu ist ist die einzige Parteien-Domain, die eine IP-Adresse für sich allein hat. Zahlreiche weitere, offenbar für Kamagnenzwecke eingesetzten Domains, wurde von anderen Einheiten reserviert und haben kaum längerfristigen Content.
Im Ranking liegt neos.eu auf Platz 4.556.
Nur 16% der Zugriffe erfolgen über Suchmaschinen, nur 13% kommen aus Social Media. Auffällig ist: 10% der Zugriffe kommen aus Mailclients, also vermutlich über Klicks in Newslettern – das ist der einzig nennenswerte Wert; andere Parteien bewegen sich hier im 1%-Bereich.
Team Stronach
Team Strohdach haben wir nicht eigens analysiert. Der Vollständigkeit halber aber sei erwähnt: Die Parteizeitung „transparenz“ ist auch 2016 noch in vier Ausgaben erschienen, und die Team Stronach Akademie betreibt den Frank und Frei-Verlag, in dem Kaliber wie Andreas Unterberger, Martin Lichtmesz (Identitäre) oder Werner Reichel publizieren.