Corona und die Ein-Personen-Unternehmen: Weder Tagelöhner noch Reste-Esser

Es kriegen eh alle was, mehr wissen wir auch nicht. – So in etwa lassen sich die zahlreichen ausgedehnten Regierungspressekonferenzen zusammenfassen, wenn es um wirtschaftliche Unterstützung für UnternehmerInnen geht.  Gerade der Härtefallfonds, mit dem Ein-Personen-Unternehmen geholfen werden soll, bleibt noch immer ein Mysterium.

Oder die größte Newslettermarketing-Aktion des Jahres, denn mehr als ein Newsletteranmeldeformular gibt es von diesem Fonds noch nicht zu sehen (hier kann man sich für den Newsletter anmelden). 

Im Text gibt es für Anforderungen an den Fonds recht strenge Anforderungen (in Saldenlisten nachgewiesener Umsatzrückgang von mindestes 50% für Mietzuschüsse, mindestens 75% für Geldzuschüsse; auf der Tonspur klang das zumindest bei Werner Kogler anders: „Da wird jetzt niemand so genau prüfen“, meinte er in der Pressekonferenz am Dienstag. 

Wie schon zuletzt erwähnt – es ist sehr fraglich, was die Zahlungen überbrücken sollen, ob sie ausreichen und wem wie wirklich helfen werden.  Für Selbstständige mit regelmäßigen kleinen Einnahmen sind die Ausfallszahlungen sehr wichtig; die bräuchten das schon seit über zwei Wochen.  Für andere UnternehmerInnen, die zwar keine Angestellten haben, sehr wohl aber PartnerInnen und LieferantInnen, die auch bezahlt werden müssen, für Ein-Personen-Unternehmen, die größere Projekte abwickeln und einiges vorzufinanzieren haben, bringt diese Art der Unterstützung eher wenig. Was zu wenig Beachtung findet, ist dass auch diese Art von Projekten Geld in Bewegung bringen und letztlich Jobs schaffen, die auch an der Kippe stehen, wenn hier alles zum Erliegen kommt. 

Mit Selbstständigen fängt man sich in Österreich nichts an – dem handelsüblichen Wirtschafts- und Sozialpolitiker fallen dazu wohl gerade noch Ärzte und Anwälte ein, an anderen Ende der Nahrungskette allenfalls noch Kleinstgrafiker oder vielleicht Singletischler. Dass wir heute dank flexibler Kooperationsmöglichkeiten und schneller Kommunikation als Ein-Personen-UnternehmerInnen auch größere und kompliziertere Dinge schupfen können, hat sich noch nicht so herumgesprochen. 

Das merkt man auch an anderen Kritikpunkten, die einem entgegenschlagen, wenn man fehlende Unterstützungsmaßnahmen kritisiert: Als UnternehmerIn habe man doch wohl Rücklagen, man werde doch wohl dafür gesorgt haben, dass man sich selbst erhalten könne. Das versteigt sich bis zu absurd-konkreten Behauptungen, Selbstständige, die in den vergangenen Jahren 2000 € netto monatlich verdient hätten, müssten doch wohl allein über die Runden kommen. Und jetzt stelle man sich vor, man wollte Angestellten, die mehr als 2000 € netto verdienen, das Arbeitslosengeld streichen, aus Solidarität für die, die es dringender brauchen. 

Das Lustige daran ist: Persönlich hätte ich sogar Reserven. Es gibt immer wieder mal Durststrecken, für die muss man als UnternehmerIn gerüstet sein. Ich könnte mich auf der Stelle (oder sobald das Wetter schöner wird) auf den Balkon setzen, die Zeit genießen, und im September dann langsam mal wieder was anderes anziehen als eine Badehose. 

Allen laufenden Projekten, in die ich Zeit und Geld investiere, deren Risiko dank der Coronakrise deutlich steigt, nützt das aber wenig. Die müsste ich sofort einstellen – egal, ob die anderen Geld bringen, ob hier noch Rechnungen zu zahlen wären.  Alle unternehmerischen Versuche, etwas gegen die Folgen der Krise zu tun, müsste ich auch sein lassen – die kosten erstmal Geld, sind mit Risiko verbunden  Und wenn das Geschäft dann im Herbst nicht wieder anspringt, könnte ich ja immer noch n Arbeitslose gehen – Ansprüche hätte ich nämlich.  Dafür bräuchte ich niemanden. 

Das ist nicht ganz Sinn der Sache.  Aber es zeigt auf, dass Österreich mit seinen Selbstständigen nicht umgehen kann. Darüber kann ein wenig Startup-Bullshit auch nicht hinwegtäuschen. Allen, die bei der Unsicherheit und Unentschlossenheit das Handtuch werfen, kann man es nicht verdenken. Es gibt ja wirklich sehr wenig Möglichkeiten, konkrete Pläne zu fassen. Aber auch wenig Grund zur Zuversicht, dass sich in diesem Jahr für kleine Unternehmen wirtschaftlich noch viel retten lässt (warum, dass habe ich hier beschrieben). 

Damit steht viel auf dem Spiel – nicht nur für einzelne. Wenn ich wieder von meinem eigenen Unternehmen ausgehe: Für jeden Euro Gewinn fallen gut drei Euro an Honoraren für Fremdleistungen an – das würde auch alles wegfallen. Betriebskosten für das eigene Unternehmen (an denen ja auch wieder jemand verdient) sind dabei noch gar nicht eingerechnet.  Ein-Personen-Unternehmen sind Unternehmen, keine Tagelöhner und keine Restl-Esser. 

Was ich in der Zwischenzeit nur allen raten kann: Kriegt eure Finanzen in den Griff. Es ist fahrlässig, einmal im Jahr einen Schuhkarton zur SteuerberaterIn zu bringen. Ihr solltet immer den Überblick haben, was euch eure Arbeit eigentlich kostet. Erstens könnt ihr dann auch besser erklären, warum Ein-Personen-Unternehmen wichtig sind und was sie eigentlich brauchen. Und zweitens könnt ihr dann auch selbst eure Abgaben wie Einkommensteuer und Sozialversicherung vorausberechnen – jedes brauchbare Buchhaltungsprogramm kann das, oder sogar die „SVSteuerApp“ der Wirtschaftskammer (auch wenn die keine Freibeträge berücksichtigt). 

Denn, da kommen wir wieder an den Anfang zurück: Die große Stundungs- und Zahlungsaufschubs-Welle, verbunden mit „Da wird jetzt niemand so genau prüfen“, wird für viele in ein paar Monaten zu einer dramatischen Schuldenfalle. Denn die Nachzahlungen kommen ja. Und gerade wenn sie jetzt ungeprüft gestundet werden, werden sie auf jeden Fall zu hoch sein – denn kaum jemand wird seine Gewinne, auf die die Zahlungen ausgerichtet waren, halten können.  Und ich würde auch nur sehr ungern einen Zuschuss mit Vorbehalt bekommen, nach dem Motto: „Wir haben noch nicht geprüft, ob du Anspruch darauf hast, aber hier hast du mal …“ – Muss das dann zurückgezahlt werden? Wann kann ich mit der Entscheidung rechnen? Muss dass dann jeden Monat neu entschieden werden?

Sinnvoll fände ich aus heutiger Sicht eine Art Corona-Freibetrag, ähnlich wie Grundfreibeträge. Wobei die natürlich echte Härtefälle, wenn das Geld komplett ausbleibt, auch nicht ausgleichen würden.