Härtefälle in Österreich: Wenn die Donkosaken mit dem goldenen Löffel ausbleiben

Seit Wochen diskutiert die Wirtschaftspolitik mehr oder weniger unbeholfen über Krisen und Härtefälle, schnürt Pakete, packt sie wenige Stunden später wieder um und kündigt dabei gleich die nächste Pressekonferenz an.  Ich hatte dabei ein paar böse Gedanken:

  • Es gibt in Österreich verschiedene Arten von UnternehmerInnen: Solche, die ihr Unternehmen führen, Produkte und Services entwickeln und Kunden gewinnen, und solche, die sich mit Förderungen auskennen.
  • Förderungen werden den Schlauen nützen, den geübten SystemsurferInnen, die sich immer schon gut von einer Unterstützung zur nächsten hangeln, wissen, wie man Fördertöpfe anzapft und große Teile ihres Geschäfts davon abhängig machen.
  • Man wird sich entscheiden müssen, ob man a) Zeit investiert, um die Fördermöglichkeiten zu verstehen und auszunützen, oder ob man b) Zeit investiert, um neue und an die Zeit angepasste Geschäftsgelegenheiten zu suchen.

Dann habe ich das vergessen und mich wieder um meine eigenen Angelegenheiten gekümmert.

Ein paar Tage später hat sich die Situation auf österreichische Art und Weise sehr zugespitzt:  Alle halten sich für Härtefälle.

MitbewerberInnen, die stets große Projekte und KundInnen durchklingen haben lassen, um die die man sie ingseheim beneidet hat, sind offenbar innerhalb von zwei Wochen am Hungertuch gelandet.

Milliardäre fordern Millionen, um sich weiterhin Millionen auszahlen zu können.

Der ORF, als öffentlich rechtlicher Rundfunk gebührenfinanziert und damit auch in Krisenzeiten einnahmenseitig recht solide, setzt Medienberichten zufolge auch auf Kurzarbeit. Das ist nicht nur der Einnahmenseite wegen etwas merkwürdig, schließlich hat man uns ja auch in den vergangenen Wochen immer wieder erklärt, wie wichtig der Öffentlich-Rechtliche sei. Wenn man in Krisenzeiten kein Personal braucht, um wichtig zu sein, legt das auch die Frage nahe, ob man denn überhaupt das ganze Personal braucht.

Und dann kam Karin Kneissl. Erst versuchte sich die ehemalige Außenministerin in kumpelhafter Twitterei unter Autoren mit einem Handke-Fake-Profil, nicht ohne dabei darauf hinzuweisen, dass sie für Verlagsangebote für neue Bücher offen wäre. Und dann beklagte sie sich, bis dato keine Zahlungen aus dem Härtefallfonds der WKO bekommen zu haben. Kneissl war bis Juni 2019 Außenministerin, im August 2018 knickste sie auf ihrer Hochzeit vor Stargast Putin. Putin war damals mit Donkosaken im Schlepptau angereist und ließ die Donkosaken als Geschenk „17 Jahr, blondes Haar singen“.

Mag ja sein, dass Kneissl keine Einkünfte hat. Mag auch sein, dass ihr Mann, der zwar gerne den mächtigen Lobbyisten und Finanzjongleur gibt, seit längerem auf dem Trockenen sitzt. Und es ist auch ok, dass man nicht sofort Altersvorsorgen o.ä. auflösen muss, wenn man mal in Schleudern kommt.

Von mir aus kann Kneissl wie alle anderen ihr Geld bekommen.  Ein wenig, ich sag mal beruhigend, ist für wenig soziale Menschen wie mich, die sich mit DiktatorInnen-Bussis nicht ganz so leicht tun, die Erkenntnis, wie wenig dann die scheinbar tollen Kontakte nützen, wenn der Glanz stumpf wird. Das gilt für alternde Künstler, die alle toll finden, die aber in ungeheizten Geschäftslokalen leben, weil sie nicht mehr nützlich sind, und eben auch für allseits beliebte Lobbyisten oder MinisterInnen a.D., die sich kurz im strahlenden Glanz sonnen durften. Auch die vermeintlich guten Kontakte motivierten den Gönner nicht mehr dazu, die Donkosaken, diesmal mit goldenen Löffeln, anreiten zu lassen.

Und noch etwas macht sich, vor allem in Österreich, bemerkbar: Wir sind sehr an der Krise und an Problemen interessiert. Es sprießen einige Initiativen und Foren aus dem Boden, in denen sich Betroffene austauschen können, in denen sie klagen und Fragen stellen können. Lösungsvorschläge und Anregungen sind dort oft weniger gewünscht. Sie werden in der Regel von AdministratorInnen als unerwünschte Werbung gelöscht. Ist auch ok. Aber halt ein sehr traditionell österreichischer Zugang …