Ulf Poschardt schreibt unterhaltsam. Er führt eine feinere Klinge als die Vertreter des österreichischen Rabiatnik-Kommentarjournalismus von Richard Schmitt bis Christian Ortner. Inhaltlich bleibt der Text aber mau. Seine Ausführungen sind auf sehr wohlwollende Interpretation der Leserschaft angewiesen. Denn man muss sehr genau lesen, um in seinen Ausführungen Unterschiede zu gelangweilten Gen Z- oder Gen A-AutorInnen („Alles genozidale Fascho-Rassisten und Zionisten, diese Boomer!“) oder Tante Käthe („Lidderadur ist was für Wasserköppe und diese feinen Herren haben alle zwei linke Hände“) zu finden.
Für seine vermeintliche Gegenwartskritik am Mief des Jahres 2025 holt Poschardt weit aus und geht bis in die unmittelbare Nachkriegszeit zurück; vor Freude über die dort gefundenen Bestätigungen seinr Thesen über die Gegenwart vergisst er aber, den Punkt zu machen, über welche magische Verbindung der Konservative des Jahres 1945 die Grüne des Jahres 2025 channelt. Oder ist es umgekehrt? Egal, denn Poschardt macht in seinem Buch gar keinen Punkt. Es ist eine Aneinanderreihung von Sätzen, die er vermutlich immer schon mal sagen wollte.
Viele Gegenwartsanalysen sind ja ganz ok als Diagnose, versagen aber völlig bei jedem Versuch, sie als Handlungsorientierung oder Entscheidungsgrundlage zu verwenden, sie lassen sich nicht einmal in klaren konsistenten Aussagen zusammenfassen. Das gilt für woke Analysen toxischen Liberalismus ebenso wie für konservative Geißelungen verderbter Postmoderne – und für Poschardts Stammtischtirade für ewige Gymnasiasten, für die intellektuelle Verbrämung ein ebenso erstrebenswerter Bonus ist wie das gelegentliche Dinner beim Haubenkoch mit Mutti.