Wer Religion jedweder Art vor sich herträgt, war für mich politisch immer schon im Abseits, gerne auch im Jenseits. Dabei ist mir egal, ob es um Gekreuzigte, Hellseher oder Spaghettimonster geht.
Ich habe auch nichts gegen Religion. Ich akzeptiere nur keine religiösen Argumente als Grundlage für politische Entscheidungen, ich akzeptiere keine religiösen Vorschriften als Grundlage sozialen Zusammenlebens und ich akzeptiere auch keine Religion als Ersatz für Vernunft.
Man muss als Politiker_in sicherlich nicht zwingend Abstand zu jeder Erscheinungsform von Religion halten. Im Gegenteil: Wenn für jemanden Religion wichtig ist, dann soll er oder sie das durchaus sagen – damit andere wissen, woran sie sind. Und warum auch nicht Kirchen für politische Propaganda einplanen? Andere machen das ja auch mit Gewerkschaften, Bünden oder Kammern.
Wäre es nicht Sebastian Kurz, dann fände ich es aber bestürzend, wenn sich jemand, der Kanzler_in werden möchte, von einer dubiosen fundamentalistischen Organisation für deren Propaganda einspannen lässt. Bei Kurz bestürzt mich das nicht, weil er ja schon mehrfach bewiesen hat, dass er keine Ahnung für Soziales, Historisches oder Feinstoffliches hat.
Zum anderen wundert es mich nicht, weil wir diese Bilder aus der Stadthalle ja schon kennen. Es war 2017, Wahlkampfauftakt der türkisen Sekte, als schon einmal zehntausende verzückte Jünger dem Messiasdarsteller zujubelten. Nur waren damals Lichtssetzung und Inszenierung noch besser.
Was mich vielmehr wundert, ist warum irgendjemand, der sich in Österreich realpolitische Entwicklung erhofft, in Kurz auch nur den Funken einer Hoffnung sehen kann. Ich nehme diesen Auftritt als ein weiteres Zeichen dafür, dass wir es mit einem Menschen zu tun haben, der schlicht zu wenig von der Welt außerhalb seiner eigenen Vereinskreise gesehen hat, an dessen ihm oft so hartnäckig nachgesagtes sagenhaftes politisches Talent ich auch nicht mehr glauben kann – dafür hat er schon zu oft das Gegenteil gezeigt.
Vergesst die Sektenführer, wählt Politikerinnen
Egal, Wahlen stehen an und es gibt Alternativen. Und da muss man auch ein bisschen direkt sein: Henrike Brandstötter bewirbt sich um ein Nationalratsmandat auf der Liste der NEOS. Dazu braucht sie eure Unterstützung, und warum sie nicht nur in Sektenfragen die bessere Kandidatin für das Parlament ist, lest ihr hier.
Disclaimer: Henrike Brandstötter ist meine Frau. Andere und wichtigere Gründe für diese Empfehlung lest ihr hier, hier und hier.