Print unter Druck ist das aktuelle Schwerpunktthema von De:Bug. Mehrere Beitraege gehen den Fragen nach, ob es mittlerweile praktikable Erfolgsmodelle fuer Printmedien online gibt, wie vielversprechend neue E-Book-Reader sind und wo das eigentliche Problem der Printbranche liegt: Denn der Papierbedarf sinkt keinesfalls: Einer in De:Bug zitierten Studie des Druckerherstellers Brother zufolge steigt der Pro-Kopf-Bedarf an Papier weiterhin – vor allem im Zusammenhang mit papierlosen Workflows. Die Zahlen sind eindrucksvoll: Zuletzt stieg der jaehrliche Papierverbrauch pro Person von 214,6 auf 256,4 Kilo. Das ist mehr als ein Kilo pro Arbeitstag.
Es gibt also durchaus noch die hartnaeckige Gewohnheit, lieber auf Papier zu lesen – solange der Unterschied zwischen Hochformat-Papier und Querformat-Bildschirmen bestehen bleibt, wird es auch immer noch nachvollziehbare Vorteile haben, auf Papier zu lesen.
Warum klagen Zeitungen und Magazine trotzdem ueber abnehmendes Geschaeft?
Worueber klagen sie genau? – Im Vordergrund stehen meist nicht Leserzahlen, sondern Werbeeinnahmen.
Wenn ich mein eigenes Lese- und Kaufverhalten betrachte, kaufe ich jetzt wieder mehr Magazine als vorher. Ich lasse mich online auf Themen aufmerksam machen, und wenn ich die Vermutung habe, ein Heft enthaelt einige interessante Themen, dann kaufe ich es. Ich kaufe sogar teure Einzelausgaben, auch dann, wenn ich alles auch online lesen koennte.
Warum? Onlinemagazine sind nach wie vor oft lieblos gemacht, Printausgaben haben den Vorteil, das Gesamtkonzept von Blattlinie, konkretem Inhalt und Layout besser zu transportieren. Die Kodifizierung des Ungesagten funktioniert auf Papier nach wie vor besser als online: Was ist das Online-Aequivalent von Hochglanz, Yellowpress oder Qualitaetszeitung? – Die optischen Standards werden noch zu oft gemischt und gewechselt, um als etablliert und aussagekraeftig gelten zu koennen. Und ja, ich schaue auich auf die Werbung und darauf, wie die Inserate gestaltet sind. Auch das gehoert – fallweise – zum Gesamtkonzept eines Magazins.
Was heisst das fuer Verlage? – Es gibt vielleicht weniger treue Leser, aber mehr potentielle, die weniger mit Abogeschenken, aber dafuer mit Inhalten abgeholt werden koennen.
Wer malt dann trotzdem den Onlineteufel an die Wand? Mein Verdacht: Fuer Werbeagenturen ist es weit lukrativer, integrierte Gesamtauftritte mit Animationen, Designvarianten und Filmchen fuer Online zu verkaufen, und es macht auch mehr Spass, sich am naechsten Viral-Guerilla-Videospot zu versuchen, als Printanzeigen und Advertorials zu variieren.
Qualitativ ist das kein Quantensprung seit der Einfuehrung des Fernsehens, nur durfte an die teuere Fernsehwerbung nicht jeder ran. Jetzt sind auch Dilettanten an den Futtertoepfen angelangt und verwandeln auch einst lesbare Webseiten in Homeshoppingh-Channels.
Komplettpakete koennen aggressiver verkauft werden – kleine Erfolge auf diesem Gebiet stehen auch weit mehr in der Auslage als grosse Erfolge auf den klassischen Gebieten.
Fazit: Ich glaube nicht, dass inhaltlich gesehen Magazine bedroht sind.
Was sich bereits geaendert hat, ist der Weg zum Leser: Statt Titeln werden Stories gekauft, statt Abos Ausgaben. Was sich aendern wird, sind Produktionund Distribution: Das flaechendeckende Streuen ueber grosse Netze ist vielleicht wirklich kaum noch leistbar. Neue Formen von On Demand, auch wenn noch immer problematisch, und Micropublishing sind fuer mich hier die vielversprechenden Formen.
Noch eine Veraenderung meines Leseverhaltens habe ich festgestellt: Ich lese untewegs kein Papier, verschwende meine Zeit nicht mit U-Bahn-Gratiszeitungen, sondern lese unterwegs (auch im Flugzeug) ausschliesslich am Laptop oder am Smartphone. Unterwegs ist Papier unpraktisch. Ein Abend ohne Bildschirme, dafuer mit schoen gestaltetem Papier, ist dagegen nostalgisch-romantisch…
PS: Hier kann die aktuelle De:Bug-Printausgabe bestellt werden… 🙂