Lesungen und Buchpräsentationen, bei denen es tatsächlich um den Text geht, sind ein schwer unterschätzte Veranstaltungssorten. Stattdessen gibt es Buchpartys, Releasepartys, Diskussionpanels und andere Versuche, der Tatsache auszuweichen, dass es hier um einen Menschen und seine Gedanken in Papierform geht.
Leopold Federmair lieferte unlängst in der Alten Schmiede ein sehr schönes Beispiel dafür, wir mitreißend ein Abend sein kann, an dem ein Mensch einfach nur von seiner Arbeit erzählt.
Und das Buch ist kein besonders mitreißendes Drama, es knüpft an keinen Trendthemen an und es ist nicht mal aufregend betitelt: „Tokyo Fragmente“ beschreibt Beobachtungen von Spaziergängen und Gesprächen in Tokyo.
Federmair schweift ab, auch wenn er von Gesprächen mit Persönlichkeiten wie Kenzaburo Oe erzählt, oder von Elternbesuchen in japanischen Kindergärten, dazu erzählt er von seiner Neugier auf das Leben von Autoren, über die er alles wissen möchte, und die er sich jetzt, als 60jähriger, auch anzusprechen traut.
Er erzählt von Begegnungen mit Roberto Bolano, von der Schwierigkeit, jenseits der 40 noch Sprachen wie Japanisch zu lernen, von eigenen Irrwegen als junger Autor – aber was red ich, ihr sollt ja selbst zu mehr Lesungen gehen. Manchmal ist das sogar besser, als selbst zu lesen.