Diskussionsformate zur Zukunft, Gegenwart oder Innovationslage von Medien zeichnen sich oft dadurch aus, dass möglichst nicht jene diskutieren, die mitten drin daran arbeiten. Menschen aus Marketing, Beratung und Forschung sind gern mit Tipps bei der Hand, eine andere Art der Diskussion lädt gern Projekte aus der Rändern der Branche ein, von dort, wo Innovation vermutet wird.
Dann spalten sich oft die Vorstellungen von Innovation. Markt und kommerzielle Medien suchen geschäftlich nachhaltige Innovationen, die helfen, Redaktionen zu finanzieren. Öffentlich rechtliche und Special Interest-Medien-StartUps suchen Innovationen, die ihnen mehr Freude an der Arbeit verschaffen, Nischenrelevanz und in Summe Reichweite bringen. Daneben entwickeln sich noch Geschöftsmodelle, die sich als Verlage bezeichnen, tatsächlich aber Agenturarbeit als Dienstleister für kommerzielle Auftraggeber machen – das ist Corporate Publishing.
Die unterschiedlichen Innovationsbegriffe sind ein Problem, wenn sie auf die Branche angewendet werden sollen. Die oft als Tanker bezeichneten klassischen oder etablierten Medienhäuser haben in der Regel kein Reichweitenproblem. Die Marken sind bekannt, beliebt, verhasst.
Das Problem liegt bei den Einnahmen.
Viel diskutierte Innovationen beschäftigen sich mit Reichweiten, jungen Zielgruppen, Plattformpräsenz und ähnlichen Schwerpunkten.
Ein Problem, dem sie sich noch nicht stellen müssen: An der Paywall zerfällt Reichweite zu Staub. Aufmerksamkeit und Emotion sind flüchtig, sie können einen Aboabschluss unterstützen, aber sie reichen nicht aus. Und: Umwegrentabilität über Bekanntheit, Querfinanzierungen oder Hoffnungswerte reichen nicht mehr aus. Das funktioniert in selbstreferentiellen öffentlich-rechtlichen Universen oder in StartUps in Stadien der Selbstausbeutung und des Zweckoptimismus. Diese beiden Bereiche gehen oft Zweckehen ein, in denen der eine für Taschengeld, der andere für Innovationsaura zuständig ist. Das funktioniert nicht, wo Nutzen und Leistbarkeit im Vordergrund stehen. Wo die Frage im Vordergrund steht, welche redaktionellen Geschäftsmodelle entwickelt und verbessert werden können, stellt sich schnell heraus: Staub ist substantieller als heiße Luft.
Digitale Geschäftsmodelle sind ein Groschengeschäft. Innovation ist auch in Groschengeschäften nützlich, entscheidend sind aber profane Kriterien. Ich denke da oft an running gags von vor 20 Jahren, aus der Blütezeit der Web 2.0-Euphorie, als Techies am Fließband sehr coole Dinge unter die Leute brachten, die alle gut fanden – die aber nicht im entferntesten ein Produkt waren. Ungefähr dort steht die Medienbranche bei Paid Content heute, und man kann durchaus von den Tech-Erfahrungen lernen und ein paar Dinge überspringen.