„Letzte Ausfahrt“ ist die Story des Jahres der Journalismustage. Aus zwei Gründen finde ich das gut, aus einem ein wenig erschreckend.
- Die Sache wurde abseits der großen Medienhäuser produziert, ziemlich als Alleingang und ist von Aufwand, Idee und Materialeinsatz her für jeden Schreiber machbar.
- Es ist ein anderes Format, eines, das zusätzlich verkauft wird, eines, in dem die Marke und das klassische Produkt Beiwerk und Vermarktung sind. Gekauft wird etwas, das die Leser wirklich haben wollen – und sie zahlen dafür.
- Die Idee kennt jeder, der Hunter Thompson kennt. Ok, man soll Journalisten nicht überschätzen. Und das ist auch unwichtig, weil es weniger auf die Idee als auf die Umsetzung ankommt. Die große Erkenntnis des Buches für den Journalisten mit jahrzehntelanger Erfahrung ist allerdings, dass auch im Politzirkus nicht die allwissenden Magier am Werk sind, die Politik, Marketing und Strategieentwicklung als magisches nur ihnen zugängliches Mysterium verkaufen. Das heißt, sie verkaufen es schon so – aber es ist zu 97 % improvisiert und dann eben im Nachhinein mit Bedeutung aufgeladen. – Und andere Journalisten finden diese Erkenntnis noch ehrlich beeindruckend.Ich bin beeindruckt. Und ein wenig entsetzt. Und ich warte auf die Undercover-Erkenntnisse oder die Embedded-Journalism-Reportage aus den großen Marketingabteilungen dieses Landes.