Anxy Magazine

Ein Magazin über “die Welten in Inneren”

Anxy liegt erst unschuldig pink auf dem Tisch und wirkt wie das Lifestyle-Magazin für weibliche Zielgruppen von nebenan. Ein paar Stacheln auf dem Cover stören nicht weiter. Anxy widmet sich „inneren Zuständen“ – und damit sind ausdrücklich nicht immer Happiness, Gelassenheit und innere Ruhe gemeint.

Anxy thematisiert Ängste, psychische Zustände, die gemeinhin als „Störungen“ bezeichnet werden und Gefühle, die nicht immer angenehm sind. Für die erste Ausgabe wird deshalb nicht gespart: Das erste Thema ist Zorn. 

Anxy wurde über Kickstarter finanziert; die Crowdfunding-Kampagne brachte stolze 50.000 Dollar von noch stolzeren mehr als 800 UnterstützerInnen ein. Eine entsprechend große Vision hat Gründerin Indhira Rojas auch vor Augen: „Anxy soll eines Tages in allen TherapeutInnenpraxen aufliegen. Wir möchten Menschen die Hemmung davor nehmen, über Sorgen und Ängste zu reden. Unser Magazin redet darüber – das soll es anderen auch leichter machen.“

 

Zorn bietet jetzt eine breite Palette an Geschichten. Und nicht jede davon ist eine Leidensgeschichte. Kindheitstraumen, die die Betroffenen zornig machen, und chronisch Zornige spielen in Anxy ebenso eine Rolle wie Call Center Agents, die täglich mehrere Stunden lang dem Zorn unzufriedener Kunden ausgesetzt sind.

Noch breiter aufgefasst ist Ärger in Fotostorys, die teils ebenfalls sehr persönlich sind, teils sich auch mit Ärger etwa als Grundstimmung beschäftigen – etwa in Gefängnissen, oder, am Beispiel der Türkei: „What happens when your country is full of people who are angry with each other?“

Die erste Anxy-Ausgabe ist mal eine breit angelegte Sammlung verschiedener Zugänge und Facetten zu einem Thema; Strukturen oder Heftformen für die Zukunft lassen sich noch nicht erkennen. Eine Ausgabe #2 ist auch noch nicht konkret. Grundsätzlich sollen es zwei Hefte im Jahr werden – für heuer wird das schon ein wenig knapp.

Was Anxy jedenfalls nicht ist: Ein Lebenshilfe- oder Ratgeber-Magazin. Indira Rojas: „We aren’t telling you how to ‚fix‘ yourself. We are any. Aren’t you?“

Blattmacherisch und optisch ist Anxy auf allen Ebenen sehr klassisch. Neuartigkeit liegt im Zugang zum Thema selbst. Ob das trägt, lässt sich noch nicht sagen.

Anxy

 

 

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“Surreal Noir”: Misery City

Ich bin ja zugegebenermaßen bei Independent Comics oft etwas skeptisch. Comics sind ein Haufen Arbeit und vertragen sich schon deshalb nicht so gut mit den Indie-Gedanken (irgendwann geht einem die Luft aus, wenn die Qualität passen soll …), Comics wirken oft leicht und einfach mal so hingerotzt, brauchen aber eine gut durchdachte und wirklich ausgeklügelte Story, um zu funktionieren, und sie leben von der Verkürzung, die nur das Wesentliche übriglässt, im Hintergrund aber ein ganzes Universum hat, mit dem die Story spielen kann.

Deshalb war ich auch recht skeptisch, als ich am Rand irgendeiner Comic Con Kostas Zachopoulos’ Misery City kaufte. Eigentlich habe ich mich eher gefreut, auf einer Comic Con noch andere Comic-Produzenten zu treffen. Comics sind bei Comic Cons zwischen Merchandising, Gimmicks und Autogrammstunden von Schauspielern die für je zwei Sekunden 30 verschiedene Zombies in “The Walking Dead“ gespielt haben, mittlerweile eher Mangelware. Und Zachopoulos’ Versprechen eines neuen Genre, des „Surreal Noir“ machte mich neugierig.

Als ich zu lesen begonnen habe, habe ich eher die üblichen Probleme erwartet: Zu viel Text, zu viel Worte, die versuchen, Stimmungen zu beschreiben, die aber nur ohne Worte funktionieren, und den Versuch, Probleme in der Story mit Menge statt mit Reduktion zu lösen.

Das war allerdings nur auf den ersten Seiten so. Dann hat Misery City sein Arsenal an Hintergründen, Charakteren und Settings etabliert und erzählt tatsächlich wirklich coole Detektiv-Noir-Storys. Wir trotzdem nicht jedermanns Geschmack sein,  aber wer Sinn für Raymond Chandler oder James Ellroy hat, sich aber nicht immer wieder die alten Schinken reinziehen will, findet ihr ein passendes Update.

Außerdem hat Kostas eine der schönsten Widmungen in das Buch gekritzelt: „Have the most miserable of all times while reading this book“ …

Kostas Zachopoulos (Autor), Vassilis Gogzilas (Illustrator): Misery City